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Erfolg für Equal Pay vor dem BAG
Laura Redmer • Feb. 20, 2023

Besseres Verhandlungsgeschick der männlichen Arbeitnehmer ist kein objektiver Grund für Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern


Das Bundesarbeitsgericht hat am 16.02.2023 (Az. 8 AZR 450/21) das Recht von Frauen auf gleiche Bezahlung gestärkt. Die bessere Bezahlung eines männlichen Kollegen könne vom Arbeitgeber nich mit "besserem Verhandlungsgeschick" gerechtfertigt werden.

 

Der Fall

Die Arbeitgeberin mit insgesamt 180 Mitarbeitenden beschäftigte die Klägerin und zwei weitere männliche Kollegen als Vetriebsmitarbeiter*innen im Außendienst. Die Tätigkeiten der Mitarbeiter*innen im Außenvertrieb unterschieden sich nicht. Regelmäßig vertraten sich die Kolleg*innen gegenseitig über längere Zeiträume. Einer der männlichen Kollegen war zwei Monate nach der Klägerin eingestellt worden. Der Kollege hatte ab seinem Einstieg bei der Arbeitgeberin ein um 1.000 Euro höheres monatliches Grundgehalt als die Klägerin ausgehandelt. Nach einem Jahr fiel das Entgelt auf die gleiche Höhe der Klägerin, bis dann nach einigen Monaten vor Abschluss eines Haustarifvertrags dem Kollegen erneut ein höheres Gehalt angeboten wurde.


Die Klägerin klagte auf Zahlung der Differenzbeträge zum Gehalt des männlichen Kollegen und auf Entschädigung wegen Geschlechtsdiskriminierung. Sie verlor sowohl vor dem Arbeitsgericht Dresden (Urt. v. 04.10.2019, Az. 5 CA 638/19) als auch vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen (Urt. v. 03.09.2021, Az. 1 SA 358/19). Die Gerichte waren der Auffassung, dass die ungleiche Bezahlung gerechtfertigt gewesen sei, da der Mann nur bereit gewesen sei, den Job für das höhere Gehalt anzunehmen. Die Gewinnung neuer Mitarbeiter*innen sei als berechtigtes Interesse der Arbeitgeberin ein objektives Kriterium und damit Rechtfertigung für die Gehaltsunterschiede.


Entscheidung des BAG

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.


Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Arbeitgeberin die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt habe, da sie ihr ein niedrigeres Grundentgelt zahlte als dem männlichen Kollegen, obwohl die Klägerin und der männliche Kollege gleiche Arbeit verrichteten. Die Klägerin habe deshalb einen Anspruch aus Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege.


Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten habe als ihr männlicher Kollege, begründet die Vermutung nach § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt sei. Die Arbeitgeberin könne diese Vermutung nicht dadurch widerlegen, dass das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand beruhe, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe.


Damit gab das Gericht der Klägerin recht, und sprach ihr entgangenen Lohn und eine Entschädigung in Höhe von 2.000 Euro zu.

 

Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts ist hier abrufbar.

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